Pressekonferenz zur Lage der Mittelsächsischen Theater und Philharmonie GmbH am 7. Juli 2023

10.07.2023

Die drei Gesellschafter Stadt Döbeln, Stadt Freiberg und Landkreis Mittelsachsen stehen hinter ihrer Gesellschaft und unternehmen gemeinsam alle Anstrengungen, um die aktuelle finanzielle Notlage des Theaters zu verbessern. 

Die Mittelsächsische Theater und Philharmonie gGmbH feiert in diesem Jahr ihr dreißigstes Jubiläum. In dieser Zeit hat sie sich zu einer regionalen Institution entwickelt. Mit hoher künstlerischer Qualität ist das Ensemble nicht nur an den festen Spielstätten in Döbeln und Freiberg aktiv, sondern es bespielt im Sommer jeden Jahres die Seebühne Kriebstein, inszeniert im Schlosshof Freiberg Freilichtveranstaltungen, bringt jugendgerechte Stücke in die Klassenzimmer und lädt zu Konzerten in verschiedenen Städten und Gemeinden des Landkreises ein. Die Theaterjugendclubs bieten Jugendlichen die Möglichkeit, sich künstlerisch auszuprobieren. Theaterbälle in Freiberg und Döbeln sind regelmäßig ein Publikumsmagnet. 

In der schwierigen Situation während und nach Corona zeigte das Publikum, dass das Theaterangebot in Mittelsachsen unverzichtbar ist. Während andernorts die Zuschauerinnen und Zuschauer nach den behördlich angeordneten Schließzeiten nur zögerlich wieder Eintrittskarten kauften, ist die Besucherrückgewinnung in Mittelsachsen bisher gut gelungen. In der ersten Spielzeit nach Corona 2022/23, die noch nicht abgeschlossen ist, erreichte das Besucheraufkommen annähernd wieder das Niveau vor der Pandemie. 

Dementsprechend stehen auch die drei Gesellschafter Stadt Döbeln, Stadt Freiberg und Landkreis Mittelsachsen hinter ihrer Gesellschaft und unternehmen gemeinsam alle Anstrengungen, um die aktuelle finanzielle Notlage des Theaters zu verbessern. Das Theater befindet sich aus mehreren Gründen in einer finanziellen Schieflage.

Erstens besteht eine strukturelle Unterfinanzierung. Diese rührt daher, dass die Gesellschaft zirka zehn Prozent ihrer Finanzierung durch eigene Einnahmen selbst aufbringen kann. Den Rest finanzieren im Wesentlichen der Kulturraum Erzgebirge‐Mittelsachsen mit über 50 Prozent, die Gesellschafter mit rund 30 Prozent und der Freistaat Sachsen mit Mitteln aus dem Kulturpakt. Mit rund 170 Beschäftigten ist das Theater ein personalintensives Unternehmen. Um die regelmäßigen Tarifsteigerungen und eine „normale“ Inflation von zwei Prozent finanzieren zu können, müssten auch die jährlichen Zuschüsse an die Gesellschaft steigen. Das passiert jedoch nicht. So hat beispielsweise der Kulturraum als Hauptlastträger der Finanzierung ein über fünf Jahre festgeschriebenes Budget. Würde er die Zuschüsse an die beiden durch ihn geförderten Theater (neben dem Mittelsächsischen Theater beantragt auch die Erzgebirgische Theater und Orchester gGmbH Zuwendungen) im erforderlichen Maße anheben, müsste die Förderung für alle anderen Kultureinrichtungen und Projekte jährlich deutlich gesenkt werden. Einsparmöglichkeiten bzw. Möglichkeiten zur Steigerung von Einnahmen hat die Gesellschaft in den 30 Jahren seit ihrer Gründung bereits in hohem Maße ausgeschöpft. Als Beispiel sei die Aufnahme des Spielbetriebs in Kriebstein genannt oder die gestaffelte Urlaubszeit, um die Spielzeit zu verlängern. Weitere Einsparungen würden zu Lasten der Qualität oder des Angebots gehen.

Diese strukturelle Unterfinanzierung hätte sich bereits in den Vorjahren deutlich gezeigt, wenn nicht durch die behördlich angeordneten Schließzeiten während der Corona‐Pandemie erhebliche Mittel eingespart worden wären. Die Theaterleitung hat alle denkbaren Maßnahmen ergriffen, um die Einnahmeverluste auszugleichen. Unter anderem wurde Kurzarbeitergeld beantragt, um die Lohnkosten während der Schließzeiten zu senken. Was in den Jahren 2020 und 2021 zu erheblichen Einsparungen führte und die Gesellschaft entlastete, verschärft nun die finanzielle Situation, denn nach dem geltenden Zuwendungsrecht sind der Kulturraum Erzgebirge‐Mittelsachsen und der Freistaat Sachsen gezwungen, nicht zweckentsprechend verwendete Mittel zurückzufordern. An den Kulturraum mussten bereits rund 1,4 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Für mögliche Rückforderungsansprüche aus Kulturpakt und Kurzarbeitergeld stehen die erforderlichen Prüfungen noch aus.

Drittens kommen die aktuelle Tarifentwicklung und die außerordentlich hohe Inflation erschwerend hinzu. Zwar sind die Tarifverhandlungen des Deutschen Bühnenvereins noch nicht abgeschlossen, aus den Tarifergebnissen anderer Branchen wird jedoch mit einer hohen Steigerung gerechnet. Während das Theater bereits seit Jahren die Sachaufwendungen für den Spielbetrieb budgetiert hat und fehlende Gelder durch künstlerische Ideen ersetzt, kann es steigende Betriebskosten wie zum Beispiel die Energiekosten kaum abwehren.

Der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung haben im Frühjahr einen Grundsatzbeschluss über ein Konsolidierungskonzept gefasst. Unter anderem stehen die Erhöhung der Gesellschafterzuschüsse, die Erhöhung der Eintrittspreise und Verhandlungen mit den Zuwendungsgebern auf der Agenda. 

Was nach einfachen Maßnahmen klingt, erweist sich in der Praxis als mühsam und zeitraubend. So erfordern zum Beispiel Zuschusserhöhungen je nach Höhe die Zustimmung der Stadträte der beiden Gesellschafter und des Kreistages beziehungsweise der zuständigen Ausschüsse. Auch der Kulturraum muss vor der Beschlussfassung durch den Kulturkonvent eine Beratungsfolge einhalten und entsprechende Beschlüsse ausarbeiten. Hinzu kommt, dass die Kommunen und Landkreise selbst an struktureller Unterfinanzierung leiden. 

In den vergangenen Monaten einigten sich unter anderem die Gesellschafter auf eine Zuschusserhöhung im Jahr 2024 in Höhe von 100.000 Euro. Weiterhin beschloss der Kulturkonvent in seiner Sitzung im Juni, dass rückgeforderte Mittel der Theatergesellschaften in eine gesonderte Rücklage eingestellt und zur Zuschusserhöhung für die Theater eingesetzt werden. So stockte der Kulturraum die Fördersumme für 2023 um rund 760.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr auf und beteiligt sich somit mit rund 6,9 Millionen Euro an der Theaterfinanzierung. Nicht zuletzt wurde auch eine Eintrittspreiserhöhung beschlossen. Dies erfordert jedoch sehr viel Fingerspitzengefühl. Die Gesellschafter wollen weiterhin allen Bevölkerungsgruppen Theatererlebnisse ermöglichen. Im Ergebnis wurden neue Preisgruppen eingeführt und die Garderobengebühr abgeschafft, was nicht nur ein Trostpflaster für die Eintrittspreiserhöhung ist, sondern auch die Wartezeiten an der Garderobe verkürzt und somit den Komfort erhöht. 

Trotz aller gegenwärtigen und zukünftigen Anstrengungen auf der Kommunalen Ebene sind sich die Gesellschafter sicher, dass die Theater im ländlichen Raum ohne eine deutliche Zuschusserhöhung durch den Freistaat Sachsen mit anschließender Dynamisierung nicht dauerhaft aufrechterhalten werden können. Gespräche mit dem zuständigen Ministerium, dem Ministerpräsidenten und den im Sächsischen Landtag vertretenen Fraktionen stehen ebenfalls auf der Agenda. 

Freiberg/Döbeln, den 7. Juli 2023 

Landrat Dirk Neubauer
Landkreis Mittelsachsen

Oberbürgermeister Sven Krüger
Universitätsstadt Freiberg

Oberbürgermeister Sven Liebhauser 
Große Kreisstadt Döbeln 

Dr. Hans Peter Ickrath
Geschäftsführer

Sergio Raonic Lukovic 
Intendant 

Foto: Eckardt Mildner